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Jaisalmer

Infos

In Jaisalmer könnten die Geschichten aus 1001 Nacht erzählt worden sein.

Im Jahr 1156 gründete Prinz Rawa Jaisal mitten in der Wüste auf einem Berg die „Oase von Jaisal“. Von Anfang an wurde auf Verteidigungsbereitschaft geachtet und eine starke Mauer um den Ort gebaut, die allen Angriffen der Nachbarstämme in den folgenden Jahrhunderten widerstand.
Der Legende nach wurde der Gründungsplatz durch einen Eremiten empfohlen.
Näher an der Wahrheit liegt vermutlich ein ökonomisch-historischer Erklärungsansatz: am die heutige Festung tragenden Berg kreuzten sich seinerzeit zwei wichtige Handelsrouten, die Seidenstraße und die Gewürzstraße. Betrieben wurde der Handel von Kamelbesitzern und Bankiers, die vorrangig der Glaubensgemeinschaft der Jaina angehörten. Auf dem Gebiet des heutigen Rajasthan lebende kriegerische Stämme stellten eine permanente Bedrohung der Karawanen dar. Raubüberfälle waren das Alltagsgeschäft dieser Völkerschaften. Noch heute heißt es, dass die größte Liebe eines Rajputen sein Schwert ist, gefolgt von seinem Pferd, hinter dem sich dann seine Frau eingeordnet wissen kann.
Die Maharaja von Jaisalmer wurden zur Schutzmacht der jainistischen Händler, die ihrerseits für die Sicherheit des Handels bereitwillig Steuern zahlten und von dem restlichen Handelsertrag wunderbar kunstvolle Häuser – Haveli – errichten ließen. Prinz Jaisal liefert ein gutes Beispiel für strategisches Denken in Richtung einer Win-Win-Situation von Politik, Macht und Wirtschaft.
Durch den Bau des Hafens von Bombay, heute Mumbai, verloren die Handelsrouten ihren Bedeutung und durch die Grenzkonflikte zwischen Indien und Pakistan drohte Jaisalmer der Untergang.
Zum Glück wendete sich das Schicksal: ca. 100 km entfernt von Jaisalmer zündete knapp 1.000 Meter unter der Oberfläche Indien seine erste Atombombe. Die Ministerpräsidentin Indira Gandhi war bei dem mehrtägigen Test dabei und hatte ihr Quartier bei Jaisalmer. Sie war beeindruckt von der Geschichte des Ortes, baulichen Zeugnissen des einstigen Wohlstands und deren beklagenswertem Zustand. Spontan kaufte sie zwei der fünf Patwon-ki-Haveli, gründete Schulen und organisierte Arbeitsmöglichkeiten für Frauen. Die Einheimischen sprechen noch heute mit Stolz und Verehrung über diese Situation.
Heutiger Status der Stadt: ca. 60.000 Einwohner, davon 5.500 in der Festung; 65% des Bruttosozialprodukts (BSP) entspringen dem Tourismus, 30% des BSP basiert auf Leistungen für die allgegenwärtige Armee (Pakistan hatte zeitweise Jaisalmer erobert und gehalten); die Festung ist seit 2010 Bestandteil der Liste des UNESCO-Welterbes; die Haveli der Gandhi beherbergen zwei Museen mit auch für Ausländer moderaten Eintrittspreisen; der Verfasser logierte 1999 in einem Hotel außerhalb der Festung und durchquerte auf dem Weg zum Eingang der Festung ein unbebautes Gebiet, in dem heute neue und schöne Hotels stehen, z. B. das Tokio-Hotel.

 

360-Grad-Panorama mit 4 Hotspots zu weiteren Panoramen

Jaisalmer / Festung

(Link)

Die Festung ist, in einem Ensemble von sechs Hügelfestungen (Chittorgarh; Kumbhalgarh; Sawai Madhopur; Jhalawar; Jaipur, Jaisalmer) in Rajasthan, aus guten Gründen seit Juni 2013 Bestandteil der Liste des UNESCO Welterbes.

Zur "Wiederbelebung" und Erhaltung der Festung gibt es vorrangig internationale Anstrengungen. Die von allen Indern beklagte aber gern für sich selbst genutzte allgegenwärtige Mentalität des "Handaufhaltens" für die kleinste Leistung - von der großen Korruption sei an dieser Stelle nicht gesprochen - und Standesdenken verzögern oder verhindern erhaltende Leistungen an der Festungsanlage und an einzelnen Häusern. Beispielsweise wollte der Verfasser, wie 1999 allabendlich, beim Dinner von der Dachterrasse des Hotels die romantisch beleuchtete Festung erleben. Es blieb dunkel. Mit großer Enttäuschung war zu Kenntnis zu nehmen, dass bereits seit drei Jahren die Beleuchtung außer Betrieb ist. Gelder der Regierung zur Wartung der umfangreichen Anlage wurden seinerzeit durch die Regionalverwaltung "anderweitig" verwendet; neues Geld gibt es aus Delhi nicht mehr und die Region hat angeblich keins mehr für derartige Projekte. Auch Diskussionen in den Zeitungen, vor allem von den Hotelbesitzern getragen, halfen bisher nicht weiter.

 

Offizieller Film der UNESCO

Jaisalmer / Palast Juna Mahal

(Link)

Betritt man die Festung, befindet sich gleich hinter dem massiven Stadttor der fünfstöckige kunstvoll verzierte Stadtpalast, dessen Haremsbereich vom Erdgeschoss ab nach oben in eine Reihe von ausgemeißelten Säulenvorsprüngen übergeht. Die vier Mahals (Paläste), die sich dem Stadtpalast anschließen, waren für die fürstlichen Gemahlinnen und Konkubinen. Die feinen Arbeiten an den Balkonen und Fenstern sind ein wunderschönes Beispiel für die Arbeit der Steinmetze, die ihre Kunstfertigkeit durch die vielen unterschiedlichen filigranen lichtdurchlässigen Muster unter Beweis stellten.

Damit der Palast gut zu verteidigen war, wurden die Innenräume ganz traditionell auf verschobenen Ebenen angelegt und durch Gänge und Stufen verbunden. Auch heute kann man noch Reste der Kacheln, Wandmalereien und Verzierungen in Spiegelglastechnik bewundern. Auf dem obersten Turm weht das Wappenzeichen der Bhatti-Rajputen, ein metallener Schirm, der die Würde der Rajputen ausdrückt. Von hier hat man eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt und die Wüste.

Jaisalmer / Ehrengräber Bada Bagh

(Link)

Seit Beginn des 16. Jahrhunderts errichteten die Herrscher von Jaisalmer am Platz Bada Bagh (Großer Garte; unterhalb der Ehrengräber befindet sich einen Senke mit lanwirtschaftlicher Nutzung) Ehrengräber. Die Tradition wurde bis 1942 fortgesetzt, dann aber bis heute unterbrochen, weil ein Prinz unter unklaren Umständen sein Leben verlor und die Ehrengräber in diesem Zusammenhang als schlechtes Ohmen Deutung fanden.

Heute sind in der Nähe ein Dorf, eine riesige Kaserne und viele Windräder.

 

Ehrengrab / Kenotaph          youtube-Video

Jaisalmer / Haveli

(Link)

Wer etwas für das Image seines in Stahlbeton erstellten und mit Sandstein innen und außen beplankten Hotels tun möchte, nennt es „Golden-Haveli“, „Sunset-Haveli“ oder „........-Haveli“. Vielleicht ist es hilfreich. Aus eigener Anschauung ist aber festzustellen, der Verfasser wohnte gemeinsam mit den Eigentümern in Jodhpur und Jaipur in deren altehrwürdigen Havelis, dass derartige Namensgebungen Quatsch sind.
Ein Haveli ist ein aus den speziellen Erfordernissen heißer Wohngegenden (in Jaisalmer beträgt die Lufttemperatur im Sommer bis zu 50° C) entwickelter architektonisch-funktionaler Baustil. In der Übersetzung des aus dem Arabischen entliehenen Wortes ist nahezu alles gesagt: „Haus in dem der Wind geht“. Ergänzt werden muss noch, dass der(n) Frau(en) des Hauses, die von Fremden nicht gesehen werden sollte(n), die indirekte Beteiligung an den Aktivitäten des Gatten mit Gästen und Geschäftspartnern ermöglicht wurde: Balkone sind allenthalben vorhanden, gern auch mit aus Stein herausgearbeitetem Sichtschutz oder Wandelgänge mit Sichtschutz um den Konferenz- und Festraum. Die dicken Mauern heizen sich nicht so rasch auf.
Oft lagerten die Handelswaren eine Etage unter der Erdoberfläche oder im Erdgeschoss. Gewohnt wurde darüber, allein schon wegen der Kontrolle.
Luftschächte mit großen Querschnitten, die wiederum Luftkanäle zu den Wohnräumen haben, gehen durch alle Etagen; Dachterrassen ermöglichen den Schlaf in abgekühlter Nacht. Äußeres Merkmal sind teilweise aus einem Stein herausgearbeitete und mit feinster Steinschnitzkunst versehene Erker, Balkone und Sichtschutze.
Und, es weht nahezu permanent ein angenehmer Wind. Man kann es in der Wüste aushalten.

 

360-Grad-Panorama 1          360-Grad-Panorama 2          360-Grad-Panorama 3

Jaisalmer / Am Wegesrand .....

(Link)
(Link zu einem Kurzfilm auf youtube.com; 30.11.2014)

 

Der Film wurde gedreht im Dachrestaurant des Jaisalmer Hotels "FIFU", in dem der Verfasser wohnte.

Ansehenswert ist der Film, weil er

- die Empathie der Kleinen Leute,

- den Umgang mit Untergebenen,

- den vom Hinduismus stark vertretenen Gedanken des Teilens eigenen Wohlergehens sowie

- die hervorragende Lage des Restaurants eindrucksvoll demonstriert.

 

Nachsatz zum Umgang mit Untergebenen: der Verfasser beobachtete diese Art des Umgangs oft und musste - gegen eigenen inneren Widerstand - gelegentlich in ähnlicher Weise agieren, um elementare Dienstleistungen zu erhalten. Es entstand der Eindruck, dass indische Angestellte ggf. nur auf ein bestimmtes Maß an Druck reagieren.

30.11.2014


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© Lothar Rehle / Erstveröffentlichung: 01.06.2013 /

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